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Nichtigkeit von Rechtsgeschäften
Ein
Rechtsgeschäft
(R.) ist nichtig, wenn es so schwere Mängel aufweist, daß das
Gesetz ihm keinerlei Rechtswirkung zubilligt. Die wichtigsten Fälle sind mangelnde
Geschäftsfähigkeit
des Erklärenden, mangelnde Form des R., Schein- und Scherzgeschäft
sowie Verstöße gegen gesetzliche Verbote (Gesetzwidrigkeit; insbes. i.d.R. dann, wenn
das Gesetz erklärt, eine Rechtsfolge "kann nicht" eintreten) oder gegen das
Verbot der Sittenwidrigkeit. Das nichtige R. ist von Anfang an unwirksam (anders
Anfechtung von Willenserklärungen) und erzeugt niemandem gegenüber Rechtswirkungen
(anders relative Unwirksamkeit); u.U. verstößt jedoch die Berufung auf die N. eines R.
gegen
Treu und Glauben
(Form). Die N. wirkt grundsätzlich dauernd; eine Heilung ist nur
in besonderen Ausnahmefällen vorgesehen (Form, Grundstückskaufvertrag, Kreditvertrag).
Eine "Bestätigung" des nichtigen R. als solche ist nicht möglich; in dieser
liegt ein erneuter Abschluß (Neuvornahme), bei der alle Erfordernisse des betreffenden R.
in sachlicher und formeller Hinsicht, insbes. Form,
Geschäftsfähigkeit
usw., gegeben
sein müssen (§ 141 I BGB). Demnach wirkt das "bestätigte" nichtige R. erst
vom Zeitpunkt des erneuten Abschlusses an; bei einem
Vertrag
sind die Parteien
untereinander jedoch im Zweifel verpflichtet, einander so zu stellen, als wenn der Vertrag
von Anfang an gültig gewesen wäre (§ 141 II BGB). Von Anfang an nichtig ist
schließlich auch ein erfolgreich angefochtenes (§ 142 I BGB) sowie ein zunächst
schwebend unwirksames R., bei dem das fehlende Erfordernis endgültig nicht mehr
beigebracht werden kann. Die N. eines R. schließt dessen gleichzeitige Anfechtung nicht
aus (s. dort). Von der N. ist die Vernichtbarkeit zu unterscheiden. Hier – z.B. bei
der "nichtigen" Ehe – ist das R. zunächst trotz eines Nichtigkeitsgrundes
wirksam, kann aber von den Beteiligten oder einem Dritten (z.B. Staatsanwalt) auf Antrag
(meist Klage) für nichtig erklärt werden. Teilnichtigkeit: Ist nur ein Teil eines R.
(oder eines von mehreren untrennbar verbundenen R.) nichtig, so ist das ganze R. nichtig,
wenn nicht anzunehmen ist, daß es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen worden wäre
(§ 139 BGB). Die Teiln. kann sich z.B. auf einzelne Klauseln eines Vertrags beziehen,
ebenso auf den Wegfall eines Beteiligten (z.B. einer der beiden Käufer ist
geschäftsunfähig). Voraussetzung ist ein einheitlicher, aber teilbarer wirtschaftlicher
Geschäftsvorgang, der gedanklich die Aufrechterhaltung des nicht der N. unterliegenden
Restes denkbar sein läßt. Der Grundsatz des § 139 BGB, wonach Teiln. im Zweifel zur
vollen N. führt, ist im Erbrecht umgekehrt (Auslegung von Verfügungen von Todes wegen,
§ 2085 BGB); auch bei Verträgen hat die Rspr. oftmals als mutmaßlichen Willen der
Beteiligten angenommen, bei
Nichtigkeit
nur einer Klausel im
Vertrag
den Restvertrag mit
den wesentlichen Bestimmungen ohne die mißbilligte Klausel fortgelten zu lassen (z.B.
Miet- oder Mäklervertrag, bei dem einzelne Klauseln wegen Ausnutzung der Machtstellung
des Vermieters bzw. Mäklers sittenwidrig sind; ebenso § 6 I AGBG, Allgemeine
Geschäftsbedingungen). Das dingliche Erfüllungsgeschäft (z.B. die Übereignung) ist
gegenüber dem ihm zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäft (z.B. Kauf) rechtlich
selbständig (abstrakt, Sachenrecht, Rechtsgeschäft), so daß bei N. des
Verpflichtungs(Kausal)geschäfts mangels Einheitlichkeit des Gesamtvorgangs grundsätzlich
das Erfüllungsgeschäft unberührt bleibt, es sei denn, der N.grund ergreift auch das
Vollzugsgeschäft (z.B.: es ist gerade auch die Übereignung verboten). Auch ist die
Wirksamkeit des Kausalgeschäfts regelmäßig nicht Bedingung für das
Erfüllungsgeschäft (bei der Auflassung ohnehin gesetzlich ausgeschlossen). Es ist aber
durchaus möglich, daß die Beteiligten Kausal- und Erfüllungsgeschäft als einheitliches
Ganzes behandelt wissen wollen (nach h.M. nur ausnahmsweise anzunehmen; a.A. die sog.
Geschäftseinheitstheorie), so daß die Regeln über die Teiln. Anwendung finden können.
Umdeutung (Konversion): Entspricht ein nichtiges R. den Erfordernissen eines anderen
– meist weniger weit reichenden – R., so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist,
daß dessen Geltung bei Kenntnis der N. gewollt wäre (§ 140 BGB). So kann z.B. bei
entsprechendem vermuteten Willen der Beteiligten ein formunwirksamer Erbvertrag in ein
privatschriftliches Testament, eine unwirksame fristlose
Kündigung
in eine ordentliche,
eine nichtige Pfandrechtsbestellung in ein Zurückbehaltungsrecht, eine unwirksame offene
Handelsgesellschaft
in eine
Gesellschaft
des bürgerlichen Rechts, die unwirksame
Sicherungsübereignung
einer fremden (unter
Eigentumsvorbehalt
gelieferten)
Sache
in die
Ãœbertragung des Anwartschaftsrechts und ein formwidriger
Wechsel
in ein Schuldversprechen
umgedeutet werden. Ist das R. nur schwebend unwirksam oder anfechtbar, so kommt eine
Umdeutung erst in Betracht, wenn das R., z.B. infolge Anfechtung, endgültig nichtig
geworden ist.